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Forschung  · 5 min read

Paddock Zaun - Studie über pferdegerechte Einzäunung

Untersuchung von Tierschutzaspekten elektrischer Zaunsysteme in Pferdekoppeln - Verhaltensbeobachtung mit Mangold INTERACT

Untersuchung von Tierschutzaspekten elektrischer Zaunsysteme in Pferdekoppeln - Verhaltensbeobachtung mit Mangold INTERACT

Die Auswirkungen von Elektrozäunen auf das Wohlbefinden von Pferden in Paddock-Haltung: Eine wissenschaftliche Analyse

I. Einleitung

Der Einsatz von Elektrozäunen zur Abgrenzung von Paddocks ist in der modernen Pferdehaltung weit verbreitet. Obwohl diese Methode praktisch ist, sind ihre Auswirkungen auf das Wohlbefinden und Verhalten von Pferden Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Eine 2013 von Ing. Irene Mösenbacher-Molterer et al. auf der 2. Österreichischen Pferdefachtagung vorgestellte Studie liefert eine detaillierte Untersuchung der tierschutzrechtlichen Aspekte von stromführenden Paddock-Umzäunungen. Dieser Artikel fasst die zentralen Ergebnisse dieser Forschung zusammen und konzentriert sich auf die physiologischen und verhaltensbiologischen Reaktionen von Pferden im Vergleich zwischen teilweise elektrifizierten und nicht elektrifizierten Umzäunungen.

II. Hintergrund und bisherige Forschung

Frühere Studien haben bereits eine Grundlage für das Verständnis der Interaktion von Pferden mit Elektrozäunen geschaffen. Eine Untersuchung aus Deutschland (Moors et al., 2010) ergab keinen signifikanten Unterschied in der Aufenthaltsdauer der Pferde in Paddocks, die entweder mit Elektrolitze oder mit Zinkrohren eingezäunt waren. Es wurde jedoch eine deutliche Reduzierung des direkten Sozialkontakts zwischen Pferden in benachbarten Paddocks festgestellt, da die Tiere lernten, die unmittelbare Nähe des Zauns zu meiden. In ähnlicher Weise stellte eine Schweizer Studie (Glauser et al., 2012) keine signifikanten physiologischen Veränderungen bei den Pferden fest, kam aber zu dem Schluss, dass die nutzbare Fläche des Paddocks effektiv verkleinert wurde, da die Pferde die Randzone aktiv mieden. Diese aktive Vermeidung wurde als erfolgreiche Anpassung an die Umwelt interpretiert, die zu einem stressfreien Zustand führt, sobald die Grenze erlernt ist.

III. Methodik der Studie

Das am Ausbildungsstall des Pferdezentrums Stadl Paura durchgeführte Projekt baute auf diesen Erkenntnissen auf.

  • Probanden: An der Studie nahmen 24 junge (3-7 Jahre alte) und unerfahrene Pferde verschiedener Rassen teil (Warmblüter, Tinker, Araber, Noriker, Lipizzaner). Die Gruppe umfasste 12 Stuten, 3 Wallache, 2 frisch kastrierte Hengste und 1 Hengst.
  • Versuchsaufbau: Im Frühsommer 2012 wurde ein kontrolliertes Experiment durchgeführt. Es wurden zwei Varianten getestet: ein Paddock mit „Teil-Strom“ (teilweise elektrifiziert) und eine Kontrollgruppe mit „kein Strom“. Die Paddocks waren baugleich (3,5 m x 3,5 m = 12,25 m²) und an Boxen gleicher Größe angeschlossen. Die Umzäunung bestand aus 4-lattigem Zinkrohr mit einer Höhe von 1,60 m. In der „Teil-Strom“-Gruppe wurde an der höchsten Stelle (1,80 m) eine einzelne stromführende Litze angebracht.
  • Datenerhebung:
    • Physiologische Daten: Herzfrequenz (HF) und Herzfrequenzvariabilität (HRV) wurden von 07:00 bis 17:00 Uhr kontinuierlich mit Polar Equine RS800CX-Monitoren gemessen. Die Daten wurden mit der Kubios-Software ausgewertet, um das Stressniveau zu analysieren.
    • Verhaltensdaten: Es wurden rund 300 Stunden Videomaterial aufgezeichnet. Zwei Beobachtungstage pro Pferd (der erste und der letzte Tag des 7-8-tägigen Versuchszeitraums) wurden von 07:00-09:00 Uhr und 13:00-17:00 Uhr analysiert, um spezifische Verhaltensweisen zu quantifizieren.
  • Videoanalyse: Für die Analyse des umfangreichen Datenmaterials wurde die Software Mangold INTERACT eingesetzt.

Ergebnisse**

I. Physiologische Befunde

Die Studie ergab keinen statistisch signifikanten Unterschied bei den wichtigsten Herzfrequenz-Messwerten zwischen den Gruppen „Teil-Strom“ und „kein Strom“.

  • Mittlere Herzfrequenz (HF): 37,38 Schläge/min (Teil-Strom) vs. 38,95 Schläge/min (kein Strom), p=0,4576.
  • Herzfrequenzvariabilität (RR-Intervall): 1.683 ms (Teil-Strom) vs. 1.585 ms (kein Strom), p=0,1862. Dies deutet darauf hin, dass das Vorhandensein einer teilweisen Elektrifizierung keine messbare chronische physiologische Stressreaktion auslöste. Die Forschenden stellten jedoch fest, dass der Hochfrequenz-Anteil (HF) der HRV, der ein Indikator für die Aktivität des parasympathischen Nervensystems (Entspannung) ist, in beiden Gruppen im Vergleich zu Literaturwerten sehr niedrig war. Dies impliziert ein allgemeines Stress- oder Erregungsniveau, das mit der Paddock-Umgebung selbst verbunden ist, unabhängig von der Art der Umzäunung.

II. Verhaltensbezogene Befunde

Die Verhaltensanalyse zeigte signifikante Unterschiede in der Aktivität und der sozialen Interaktion.

  • Sozialkontakt: Positiver Sozialkontakt, insbesondere das gegenseitige Fellkraulen, war in der elektrifizierten Gruppe drastisch reduziert. Pferde in der „kein Strom“-Gruppe verbrachten während des 6-stündigen Beobachtungszeitraums durchschnittlich 68,34 Sekunden mit Kraulen, verglichen mit nur 11,73 Sekunden in der „Teil-Strom“-Gruppe.
  • Aufenthaltsdauer Paddock vs. Box: Pferde in der „Teil-Strom“-Gruppe verbrachten signifikant mehr Zeit stehend im Paddock (2,12 Stunden) und weniger Zeit in der Box (3,52 Stunden) als die „kein Strom“-Gruppe (1,54 Stunden Stehen, 4,33 Stunden in der Box). Dies deutet darauf hin, dass der elektrifizierte Zaun die Pferde zwar von sozialen Interaktionen am Zaun abhielt, sie aber nicht davon abhielt, den Paddockraum für Bewegung und zum Stehen zu nutzen.
  • Interaktion mit dem Zaun: Der direkte Kontakt mit dem Elektrozaun war minimal. In über 144 Stunden analysiertem Videomaterial der „Teil-Strom“-Gruppe wurden nur 6 Stromkontakte beobachtet, was auf ein schnelles Vermeidungsverhalten hindeutet.

Schlussfolgerungen und Implikationen

Die Studie von Mösenbacher-Molterer et al. führt zu mehreren zentralen Schlussfolgerungen für eine evidenzbasierte Pferdehaltung:

  1. Teil-Elektrifizierung ist eine praktikable Managementlösung. Sie scheint keinen signifikanten physiologischen Stress zu verursachen und könnte Pferde sogar dazu anregen, mehr Zeit mit Bewegung im Paddock zu verbringen, anstatt in ihren Boxen zu verweilen.
  2. Es gibt verhaltensbezogene Kompromisse. Der primäre Nachteil von Elektrozäunen ist die Reduzierung positiver sozialer Verhaltensweisen, die in der Nähe der Zaunlinie stattfinden, wie z. B. das gegenseitige Kraulen.
  3. Stabile soziale Gruppen benötigen möglicherweise keine Elektrozäune. Bei verträglichen, etablierten Pferdegruppen sind robuste physische Barrieren für die Haltung in kleinen Paddocks ausreichend und ermöglichen uneingeschränkte soziale Interaktionen.
  4. Die Paddockgröße ist bei Vollstrom-Elementen entscheidend. Basierend auf früherer Literatur, die eine Meidung der Randzonen zeigt, empfiehlt die Studie, dass Paddocks, die vollständig elektrifizierte Elemente verwenden, mindestens die 1,5-fache Mindest-Boxenfläche aufweisen sollten, um ausreichend nutzbaren Raum zu bieten.

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Die Forschung schließt mit einer kritischen Managementfrage: Überwiegt der Nutzen von Elektrozäunen, um rangniedrigeren oder aggressiven Pferden einen sicheren Auslauf zu ermöglichen, den Nachteil der reduzierten sozialen Interaktion und des potenziellen Verletzungsrisikos durch panische Bewegungen? Die Antwort erfordert eine Einzelfallbewertung, um sicherzustellen, dass für jedes Pferd ein geschützter und frei zugänglicher Außenbereich zur Verfügung steht.

Die Studie enthält abschließende Empfehlungen für die Paddockhaltung von Pferden hinsichtlich Größe, Abgrenzung und Tiergerechtigkeit, die auf der 2. Österreichischen Pferdefachtagung dem Fachpublikum vorgestellt wurden.

Mösenbacher-Molterer, I., Straub, I., Neumitka, D. & Troxler, J.: Untersuchung stromführender Paddock-Umzäunungen in der Pferdehaltung im Hinblick auf die Tiergerechtigkeit. Präsentation anlässlich der 2. Österreichischen Pferdefachtagung, 23. Februar 2013 Studie_PferdegerechteEinzäunungPaddocks (pdf, 380kb)