Systeme von Mangold zur Videographie in der Unterrichtsforschung / Lehr- und Lernforschung.
Die Unterrichtsforschung (auch Lehr- und Lernforschung) ist ein Bereich der Unterrichtswissenschaften und beschäftigt sich mit Inhalten und der Analyse von Lehr und Lernprozessen im Unterricht und leitet daraus Optimierungen für beide Bereiche ab. Hierfür werden Erkenntnisse und Methoden der Bildungsforschung, Didaktik, Pädagogik und pädagogische Psychologie herangezogen und die Interaktion zwischen Schülern (aber auch Situationsanalyse z. B. bei Unterrichtsstörungen, etc.) und Lehrenden untersucht. Die daraus entstehenden Erkenntnisse, Theorien und Methoden müssen wiederum durch empirische Studien überprüft werden.
Betrachtet man Lernen als Aufbau von Fertigkeiten und Wissen in einem ganzheitlichen Sinn, so kann Lehren sinnvollerweise als ebenso ganzheitlicher Prozess verstanden werden. Die Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden im Unterricht ist demnach ein komplexes Konstrukt, das mit empirischer Bildungsforschungallein nicht untersucht werden kann.
Die Lehr Lern Forschung ist keine eigene Disziplin, sondern vereint Theorien unterschiedlicher Fachgebiete zu einem erweiterten Blickwinkel auf dieses vielschichtige Thema. Geht man einen Schritt weiter, so sind die Untersuchungen auf unterschiedliche Institutionen, Lernumgebungen oder Bildungssysteme zu erweitern, was dem Forschungsgebiet weitere Problemdimensionen hinzufügt.
Neben all diesen Problemdimensionen ist das Sammeln zuverlässiger Daten in der Lehr Lernforschung eine zentrale Herausforderung. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich jedoch, wenn das Geschehen im Unterricht direkt, live beobachtet werden soll.
Für die Beobachtung in der Unterrichtsforschung bietet die Videographie des Unterrichtsgeschehens und die nachträgliche Auswertung dieser Aufzeichnungen wesentliche Vorteile gegenüber einer Live-Beobachtung.
Leider werden in Anlehnung an ältere Studien der Unterrichtsforschung immer wieder veraltetet Theorien, Methoden und Techniken angewandt. Sie führen dazu, dass darauf basierende neue Studien zu wahren Zeitfressern werden und sich die Ergebnisse auf das bereits Erwartete beschränken. Wer jedoch moderne Technik und Methoden geschickt einsetzt, wird schnell zu umfangreichen Ergebnissen gelangen, die weit über das Beobachtbare hinausgehen.
Im Folgenden geht es stark komprimiert um die Herausforderungen und Möglichkeiten moderner Videographie in der Lehr- und Lernforschung.
Mit dieser Information sollte es möglich sein, Anregungen für eigene Vorhaben bei der Unterrichtsforschung zu gewinnen.
Vorteile von Videoaufzeichnung gegenüber Live-Beobachtung
Was kann Audio- und Video-Technik in der Unterrichtsforschung leisten?
Mit dem Begriff Videographie oder besser „audiovisuelle Aufzeichnung“ wird vom Nutzer oft verstanden, dass er „was er sieht“ zur späteren Wiedergabe aufzeichnen kann.
Es ist jedoch ein weit verbreiteter Irrtum, dass ein Video wiedergeben kann, was man selbst in einer Situation wahrnimmt. Denn zwischen menschlicher Wahrnehmung und der digitalen Erfassung optischer und akustischer Signale liegen große Unterschiede. Einerseits enthalten solche Audio-Video-Aufzeichnungen in der Unterrichtsforschung Information, die man nicht wahrgenommen hat oder die von anderen Personen anders wahrgenommen werden.
Andererseits kann die menschliche Wahrnehmung durch Konzentration auf bestimmte Inhalte, Bewegungen des Kopfes oder die komplette Neupositionierung im Raum Dinge erfassen, die der audiovisuellen Aufzeichnung verborgen bleiben. Wird dieser Fakt nicht wirklich beachtet, so ist vermutlich später im Video genau das nicht zu sehen oder zu hören, was einen interessiert.
Erschwerend kommt hinzu, dass die möglichen Formen der Unterrichtsgestaltung genauso vielfältig sein können, wie es Möglichkeiten zu deren audiovisuellen Aufzeichnung gibt.
Es ist unbedingt anzuraten, sich frühzeitig vor der Beschaffung von Technik und Software von einem Unternehmen beraten zu lassen, welches sich professionell mit dem Thema „wissenschaftliche Beobachtung / Forschung“ auseinandersetzt.
Aus diesen Gründen ist eine professionelle Beratung vor der Anschaffung von Audio-/Videogeräten dringend anzuraten.
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Zweck einer Videoaufzeichnung ist schließlich Erkenntnisse zu gewinnen, die sich durch andere Methoden nicht erzielen lassen.
Insofern sind Videos nur „Daten“, die es zu analysieren gilt. Dazu ist eine qualitative Inhaltscodierung erforderlich, welche hilft, die Fragestellung der Studie zu beantworten. Bereits hier entscheidet sich, ob der Auswertevorgang in der Unterrichtsforschung zum Marathon wird oder effizient durchgeführt werden kann.
Ein häufiger Fehler ist der Denkansatz aus Sicht vorhandener Werkzeuge ("Wir haben ..., deshalb machen wir...").
Zum Beispiel: „In SPSS wollen wir…, deshalb müssen die Daten so-und-so erfasst werden“. Das führt zu erheblichen Einschränkungen und einer massiven Verkleinerung des möglichen Ergebnisraums.
Empfehlenswert ist deshalb, die inhaltliche Auswertung ausschließlich über die Fragestellung zu generieren und nicht über das Denken "Die Daten müssen später so-und-so vorliegen".
Es empfiehlt sich bei der Unterrichtsforschung bzw. Lehr- und Lernforschung ein „atomares“ Kodiersystem für die Inhalte zu entwickeln, das einzelne (atomare) Aspekte der beobachteten Personen beschreibt und keine zusammengesetzten Verhaltensweisen:
Statt „Lehrer stellt eine emotional motivierte Frage“ ist es sinnvoll einzelne Informationseinheiten zu Codieren: [Wer] „Lehrer“, [Verbal] „fragt“, [Art] „emotional motiviert“.
Wurden die Informationen einzeln inhaltlich codiert, lassen sich diese später sehr einfach in unterschiedlichen Konstellationen in Korrelation setzen und entsprechend analysieren.
Dann erschließt sich der wahre Nutzen von Videostudien bei der Unterrichtsforschung bzw. Lehr- und Lernforschung
Mit dem richtigen Werkzeug lässt sich aus den bestehenden Daten alles berechnen, was sich nicht oder nur sehr schwer beobachten lässt.
Werden die Daten aus den Videos atomar kodiert, lassen sich mit der Mangold INTERACT Software beispielsweise folgende Aussagen per Knopfdruck beantworten:
Prof. Dr. Manfred Holodynski
Münster, Deutschland
Das Institut für Psychologie in Bildung und Erziehung nutzt die Videoanalyse in den Lehramtsstudiengängen sehr intensiv. So trainieren z.B. Studierende die Analyse von Unterrichtsvideos hinsichtlich der verschiedenen Facetten der Klassenführung als bedeutsame Dimension für einen erfolgreichen Unterricht. Die Analyse erfolgt mit der Software Mangold INTERACT.
Zudem hat die Universität Münster eine umfangreiche Online-Plattform (www.uni-muenster.de/koviu) entwickelt, die Videos mit Unterrichtsszenen für angehende Lehrer bietet: „Videobasierte Unterrichts-analyse: Early Science“ (ViU).
Ziel des Projekts ist es, zukünftige Lehrer in ihrer Unterrichtswahrnehmung und ihren pädagogischen Fähigkeiten zu schulen.
Torgeir Christiansen
Oslo, Norwegen
Das „Department of Teacher Education and School Research“ ist sowohl Norwegens führendes akademisches Zentrum für Fachdidaktik, Pädagogik und Schulforschung als auch das führende Lehrerbildungsinstitut des Landes. Forschungsschwerpunkte sind vor allem die interdisziplinäre Unterrichtsforschung sowie die pädagogische und fachdidaktische Forschung. Die Entwicklung einer innovativen Forschungs-methode, basierend auf der Videoanalyse in einem Beobachtungslabor von Mangold, begründet den exzellenten Ruf dieses Instituts.
Die Forschungsergebnisse liefern wichtige Ansätze für die Lehrerausbildung, auch im internationalen Kontext, wie die Beteiligung an internationalen Studien (z.B. PISA) zeigt.
Prof. Amy Lederberg
Georgia, USA
Das „Center on Literacy and Deafness“ (CLAD) erforscht im Rahmen umfangreicher Beobachtungsstudien in verschiedenen Schulen des Landes das Lernverhalten von Kindern, um Einblicke in den Lernprozess zu gewinnen. Die Auswertung erfolgt mithilfe einer computerbasierten Videoanalyse und der Software Mangold INTERACT. Im Fokus stehen dabei vor allem schwerhörige und gehörlose Kinder mit ihren ganz besonderen Anforderungen an Unterrichtsstrategien und Lernunterstützung.
Ziel ist es, Lehrer bei der Unterrichtung schwerhöriger und gehörloser Kinder zu unterstützen, um maximale Lernerfolge zu erzielen und die Inklusion dieser Kinder sicherzustellen.
Wir hoffen, dass Ihnen dieser Beitrag interessante Anregungen geben konnte. Wir beraten Sie gerne bei der Realisierung Ihres Vorhabens.
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